Für Ärzte im Fachbereich Kardiologie

Inhaltsangabe
- HS-Omega-3 Index® und Kardiologie
- Epidemiologie
- Der HS-Omega-3 Index® als neuer kardiovaskulärer Risikofaktor
- Plötzlicher Herztod
- Vorhofflimmern
- Herzinsuffizienz

Die wesentlichen kardiologischen Fachgesellschaften empfehlen die Omega-3 Fettsäuren aus dem Meer (Eicosapentaensäure, EPA, und Docosahexaensäure, DHA) zur kardiovaskulären Prävention, zur sekundären Prävention, zur Behandlung von Herz-Rhythmusstörungen und zur Behandlung der Herzinsuffizienz (Piepoli et al, 2016; Siscovick et al, 2017, Rimm et al, 2018, Ponikowski et al, 2016, nicht: Priori et al, 2015). Viele Kardiologen halten EPA und DHA trotzdem für unwirksam. Kürzlich wurden von der American Heart Association EPA und DHA in Fisch zur Vorbeugung von Herzinsuffizienz, koronarer Herzerkrankung, ischämischem Schlaganfall und plötzlichem Herztod empfohlen (Rimm et al, 2018). Ein begleitender Kommentar stellte die Dosis Frage, und empfahl die Messung von Spiegeln (Kuller, 2018). Trotz der Empfehlungen der Leitlinien sind viele Kardiologen der Meinung, dass EPA und DHA unwirksam sind. Während diese Meinung der Kardiologen auf den insgesamt neutralen Ergebnissen der großen Interventionsstudien und den entsprechenden Meta-Analysen beruht (z.B. Aung et al, 2018, Abdelhamid et al, 2018), betrachten die Fachgesellschaften in der Regel auch andere wissenschaftliche Untersuchungsformen, wie z.B. epidemiologische und mechanistische Forschung, ebenso wie Ergebnisse von Interventionsstudien zu Surrogatparametern (z.B. Blutdruck, Laborwerte), und Intermediärparametern (z.B. Gefäßveränderungen, Remodeling u.ä.).

ie mittlerweile umfangreiche Datenlage auf Basis des HS-Omega-3 Index® gestattet eine klarere Sicht auf diese scheinbaren Widersprüche. Der Widerspruch zwischen Ergebnissen der Interventionsstudien mit klinischen Endpunkten und den anderen Studienergebnissen kann so aufgelöst werden. Gestützt werden die Aussagen durch Ergebnisse von Untersuchungen zu Themen wie Bioverfügbarkeit und aus Messungen anderer Spiegel. Hier soll nur ein kurzer Überblick gegeben werden; eine detailliertere Darstellung findet sich in aktuellen Übersichtsarbeiten (von Schacky, 2012-2018; Superko et al, 2013; Harris et al, 2013).

Zusammenfassend kann man sagen:
- Ein niedriger HS-Omega-3 Index® ist ein kardiovaskulärer Risikofaktor, der in seiner Aussagekraft konventionellen Risikofaktoren wie Cholesterin überlegen ist (Harris 2018).
- Ein HS-Omega-3 Index® von 4% bedeutet eine 50% höhere Gesamtmortalität als ein HS-Omega-3 Index® zwischen 8 und 11%, mit ähnlichen oder höheren Werten für kardiovaskuläre Mortalität, tödliche und nicht-tödliche Myokardinfarkte (Kleber et al, 2016, Harris et al, 2018).
- Die Bestimmung des HS-Omega-3 Index bietet zusätzliche Information zu Risikoscores, wie z.B. dem Euroscore (Kleber et al, 2018) oder Framingham Risk Score (Shearer 2009). Die Bestimmung des HS-Omega-3 Index hilft, Personen, deren Risiko mit konventionellen Scores abgeschätzt wurde, besser einzuschätzen (Shearer 2009).
- Neutrale Ergebnisse großer Interventionsstudien erklären sich durch methodische Fehler, die aus Unkenntnis der Spiegel und der Bioverfügbarkeit von EPA und DHA resultierten. Das wird durch aktuelle Studienergebnisse unterstrichen (ASCEND, 2018; Manson et al, VITAL, 2018; Bhatt et al, REDUCE-IT, 2018).
- Die Ergebnisse großer Interventionsstudien waren positiv, wenn es (zufällig) nicht zu diesen methodischen Fehlern kam, wie bei Herzinsuffizienz, bei hohen Dosierungen von EPA und DHA, oder bei Verwendung von Fisch als Quelle von bioverfügbarer EPA und DHA.
- Das Erreichen des Zielbereichs für den HS-Omega-3 Index® von 8 – 11% mit fischreicher Kost und/oder Supplementen ist sicher und verträglich. Insgesamt ist ein HS-Omega-3 Index® im Zielbereich sicherer als niedrigere Werten.

Epidemiologie

In einer Meta-Analyse beobachtender Studien war eine hohe Zufuhr von EPA und DHA mit einem 13% geringeren Auftreten koronarer Ereignisse verbunden, als eine niedrige Zufuhr (RR 0.87, 95% Konfidenzintervall CI 0.78-0.97, Chowdury et al, 2014). Erfassen von Ernährung ist mit erheblichen Unsicherheiten verbunden: 50% der so erhobenen Daten waren nicht plausibel, und von einer weiteren Erhebung von Ernährungsdaten mit Fragebogen wurde abgeraten (Archer et al, 2013). In der gleichen Meta-Analyse waren höhere Spiegel im Plasma bzw. Fettgewebe mit einen 25% geringeren Auftreten koronarer Ereignisse verbunden als niedrigere Plasma-Spiegel (RR 0.75, 95% CI .62-0.89, Chowdury et al, 2014). Die biologische Variabilität der Omega-3 Fettsäuren im Plasma ist deutlich größer als die biologische Variabilität der Omega-3 Fettsäuren in Erythrozyten (Harris & Thomas 2010). Dazu kommt, dass die analytische Variabilität der HS-Omega-3 Index® Methode mit 3.9 rel.% sehr gering ist, und als vermutlich einzige Fettsäureanalyik der Anforderungen der Klinischen Chemie genügt (Harris & Thomas 2010). So erklärt sich, dass die Daten, die in epidemiologischen Untersuchungen mit dem HS-Omega-3 Index® in Erythrozyten erhoben wurden eine höhere Trennschärfe haben, als Daten aus Ernährungsstudien oder Plasmamessungen (z.B. Chowdhury et al, 2014). Daten aus der Framingham-Studie zeigen das ebenso, wie identische Daten aus der deutschen LURIC- Studie, die ebenfalls eine epidemiologische Langzeit-Studie ist: In beiden Studien war die Überlebenswahrscheinlichkeit mit einem HS-Omega-3 Index >8% anderthalbmal so groß (150%) wie die Überlebenswahrscheinlichkeit mit einem HS-Omega-3 Index < 4% (Kleber et al, 2017, Harris et al, 2018). Gravierende klinische Ereignisse wie kardiovaskulärer Tod, Schlaganfall, Auftreten einer koronaren Herzerkrankung, u.ä. waren mit einem höheren HS-Omega-3 Index signifikant seltener als mit einem niedrigeren HS-Omega-3 Index (Kleber et al, 2017, Harris et al, 2018). Ähnliche Daten fanden sich in der Women’s Health Study (Harris et al 2017). In der Framingham Studie zeigte sich der HS-Omega-3 Index aussagekräftiger für zukünftige klinisch relevante Ereignisse als Serum-Cholesterin (Harris et al, 2018). Zusammenfassend sind die epidemiologischen Daten auf dem Boden des HS-Omega-3 Index konsistent, aussagekräftiger und trennschärfer als Daten aus Plasmamessungen, Ernährungsprotokollen oder Cholesterin.

Der HS-Omega-3 Index® als neuer kardiovaskulärer Risikofaktor

Nach US Preventive Service Task Force und American Heart Association müssen neue Biomarker für kardiovaskuläres Risiko mindestens vier Kriterien erfüllen (Helfand et al, 2009; Hlatky et al, 2009):

  1. Standardisierte Messung
  2. Mehrinformation zu konventionellen Risikofaktoren
  3. Verbesserte Risikoklassifizierung
  4. Therapeutische Konsequenz

Standardisierte Messung
Die Messmethodik des HS-Omega-3 Index® ist so standardisiert, dass sie den höchsten Qualitätskriterien der Klinischen Chemie genügt (Konstanzprüfungen, Plausibilitätsprüfungen, Ringversuche, Qualitätsmanagement usw) (Harris & Thomas, 2009, von Schacky 2012-2018). Dies steht im Gegensatz zu anderen Biomarkern, wie Erfassung der Intima-Media Dicke, des Ankle-Brachial Index oder des Lipoprotein (a), für die keine einheitliche Messmethodik eingeführt wurde, und deren Anwendung deshalb auf wissenschaftliche Fragestellungen beschränkt werden sollte (von Schacky 2012-2018).

Mehrinformation zu konventionellen Risikofaktoren
In den USA war die Vorhersagekraft eines HS-Omega-3 Index-basierten Fettsäureprofils für das akute Koronarsyndrom größer als die des Framingham Risiko Scores (größere Fläche unter der c-statistik Kurve; Shearer et al, 2009). Ähnliche Daten wurden auch in anderen Populationen erhoben (von Schacky 2012-2018), und wurden auch für den Euroscore oder den Framingham Risk Score, den beiden verbreitetsten Risikoscoringsystemen, gefunden (Shearer, 2009, Kleber, 2018).

Verbesserte Risikoklassifizierung
Zudem wurde die Risikoeinschätzung durch den Framingham Risiko Score ergänzt, wodurch das Risiko von Personen, die nach Framingham als intermediär klassifiziert wurden, korrekter eingeschätzt wurde (Shearer et al, 2009). In Korea, wo der Framingham Risiko Score schlecht vorhersagt, wurden deutlichere Befunde erhoben (Park et al, 2009). Diese Ergebnisse werden in Zusammenarbeit mit Framingham, LURIC, Womens‘ Health Initiative und ähnlichen epidemiologischen Studien weiter präzisiert Harris, 2018, Kleber, 2018).

Therapeutische Konsequenz
Surrogatparameter: Eine Erhöhung des HS-Omega-3 Index® reduzierte die Herzfrequenz, erhöht die Herzfrequenzvariabilität, senkte Blutdruck und Thrombozytenaggregation, senkte Triglyceride sowie verschiedene pro-inflammatorische Cytokine, verminderte die atherogenen „small dense“ LDL und erhöhte „large bouyant“ LDL Partikel (Harris et al, 2006; Carney et al, 2010; Dewell et al, 2011; Skulas-Ray et al, 2012; Larson et al, 2008; Harris et al, 2008; Duda et al, 2009; Block et al, 2012; Skulas-Ray et al, 2011; Schuchardt et al, 2011; Shearer et al, 2012; Maki et al, 2011). Zusammenfassend wurden durch eine Erhöhung des HS-Omega-3 Index® zahlreiche Surrogatparameter für kardiovaskuläre Erkrankungen im positiven Sinne verändert. Wenn gemessen, korrelierte der positive Effekt mit dem Anstieg des HS-Omega-3 Index.

Intermediärparameter: In einer eigenen randomisierten Interventionsstudie mit Omega-3 Fettsäuren war die Progression koronarer Läsionen vermindert, und die Regression vermehrt, nachdem durch Omega-3 Fettsäuren der Anteil der Omega-3 Fettsäuren in Erythrozyten von <4% auf >8% angehoben worden war (von Schacky, 1999). Obwohl die Messmethodik zu diesem Zeitpunkt noch nicht direkt vergleichbar mit der heutigen Methodik war, sprechen die Daten doch sehr deutlich für einen langsameren Verlauf der koronaren Herzerkrankung bei hohem HS-Omega-3 Index®. Diese mittelgroße Interventionsstudie zeigte für den Intermediärparameter der Progression der koronaren Herzerkrankung einen eindeutig positiven Effekt. In einer aktuellen mittelgroßen Interventionsstudie an Patienten mit eingeschränkter linksventrikulärer Funktion nach Myokardinfarkt wurden Parameter der linksventrikulären Funktion verbessert, wobei die Besserung mit der Zunahme des HS-Omega-3 Index korrelierte (Heydari et al, 2016). EPA und DHA werden in atherosklerotische Plaques eingebaut, stabilisieren diese, z.B. in der Carotis, was erklärt, dass eine Vorbehandlung mit EPA und DHA einer In-Stent Restenose nach Stenting der Carotis vorbeugte (Thies et al, 2003, Cawood et al, 2010, Nakagawa et al, 2017). Ergebnisse bei Koronarstents waren inkonsistent, wobei kaum vorbehandelt wurde (Filion et al, 2010). Zusammenfassend sprechen die Ergebnisse von Interventionsstudien mit intermediären Parametern klar für positive Effekte von EPA und DHA bei kardiovaskulären Erkrankungen. Wenn gemessen, korrelierte der positive Effekt mit dem Anstieg des HS-Omega-3 Index.

Klinische Endpunkte: Wie oben erwähnt, zeigten die Ergebnisse der großen Interventionsstudien mit klinischen Endpunkte und ihre Meta-Analysen keinen positiven Effekt von EPA plus DHA. Hierfür dürften zwei methodische Punkte wesentlich verantwortlich sein (ausführlicher diskutiert in von Schacky, 2015):
- Bioverfügbarkeit: Ohne eine begleitende fettreiche Mahlzeit ist die Bioverfügbarkeit von EPA plus DHA in Kapseln minimal (Schuchart & Hahn, 2013). In den meisten Interventionsstudien wurden die Studienteilnehmer angehalten, die Studienkapseln zum Frühstück einzunehmen, was in den meisten Ländern eine fettarme Mahlzeit ist, wenn überhaupt ein Frühstück eingenommen wird (von Schacky, 2014).
- Studiendesign: Studienteilnehmer wurden unabhängig von ihren Ausgangsspiegeln an EPA und DHA rekrutiert (von Schacky, 2014). In jeder bisher untersuchten Population war der HS-Omega-3 Index® statistisch normalverteilt (von Schacky, 2014). Zudem ist die Antwort des HS-Omega-3 Index® auf eine erhöhte Zufuhr von Person zu Person sehr unterschiedlich (Köhler et al, 2011). In Kombination führten beide Phänomene dazu, dass während der Studiendauer die Spiegel von EPA und DHA zwischen Verum- und Placebogruppe überlappten – in einer Studie bei über 80% der Teilnehmer (Mühlhäusler, 2014). Generell gilt: ohne gute Trennung von Verum- und Placebo- oder Kontrollgruppe hinsichtlich der Studienintervention ist der Nachweis einer Wirksamkeit der Intervention mit Verum schwierig. Aktuelle Studienergebnisse, wie die von ASCEND und Vital, illustrieren dies, da in beiden Studien bei einem Teil der Studienteilnehmer Spiegel gemessen wurden, und erheblich überlappten (ASCEND 2018; Mason et al, 2018). Alternativ lassen sich Spiegel mit hohen Dosierungen trennen, wie z.B. bei REDUCE-IT, wo die EPA Spiegel knapp versechsfacht wurden (Bhatt et al, 2018). Allerdings muss dann in Kauf genommen werden, dass es in der Verumgruppe zu einer erhöhten Blutungswahrscheinlichkeit kommt, wie in REDUCE-IT oder in JELIS (Bhatt et al, 2018, Yokoyama et al, 2007).
Eine neue Studiengeneration, für die Teilnehmer mit einem niedrigen Ausgangs-HS-Omega-3 Index® rekrutiert werden, und in der die Teilnehmer mit variablen Dosierungen EPA plus DHA in den optimalen Bereich für den HS-Omega-3 Index® behandelt werden, verspricht mehr Erfolg.

Sicher muss man die Datenlage für den HS-Omega-3 Index® mit der Datenlage für andere neuartige Biomarker für kardiovaskuläres Risiko vergleichen. In den europäischen Leitlinien zur kardiovaskulären Prävention werden Bild-gebende Verfahren wie koronares Calcium-Scoring, Ultraschall der Carotisarterien zur Plaque-Detektion, oder der Ankle-brachial Index als mögliche Mittel zur weiteren Risikostratifizierung diskutiert und mit einer IIb Empfehlung versehen, während die Messung der Intima-Media-Dicke der A. carotis abgelehnt werden (Empfehlungsklasse III). Laborparameter wie hs-CRP, Fibrinogen oder Homocystein werden kritisch gesehen und wegen unzureichender Datenlagen pauschal abgelehnt (Piepoli et al, 2016). Außerhalb von wissenschaftlichen Studien wird koronares Calcium-Scoring selten standardisiert gemessen, Therapiestudien fehlen. Ähnliches gilt für den Ultraschall der Carotisarterien und das Erfassen des Ankle-brachial Index. Das standardisierte Messverfahren und das Vorliegen einer positiven Therapiestudie sprechen noch am ehesten für hs-CRP, wobei allerdings praktische Probleme die Anwendung erschweren. Würden die Leitlinienautoren die oben bereits diskutierten Kriterien der American Heart Association und/oder der US Preventive Service Task Force anwenden (Helfand et al, 2009, Hlatky et al, 2009), müsste die Bestimmung des HS-Omega-3 Index® empfohlen werden, da der HS-Omega-3 Index® fast alle geforderten Kriterien komplett erfüllt.

Plötzlicher Herztod

Der plötzliche Herztod ist für ca. 15% aller Todesfälle verantwortlich (Priori et al, 2015). Betroffen sind vor allem subjektiv Gesunde. Risikofaktoren für den plötzlichen Herztod betreffen entweder ein kleines Kollektiv, wie die MADIT-Kriterien, die die Indikation zur Implantation eines Cardioverters-Defibrillators rechtfertigen (Priori et al, 2015), oder sind sehr unspezifisch, wie kardiovaskuläre Risikofaktoren (Priori et al, 2015). Ergebnisse aus mechanistischen Untersuchungen sprechen dafür, dass Omega-3 Fettsäuren den Übergang von Kammerflattern (wird hämodynamisch häufig toleriert) zu Kammerflimmern (wird in der Regel nicht toleriert) bremsen (von Schacky, 2012). In einer Fall-Kontroll Studie wurde Opfern des akuten plötzlichen Herztodes Blut abgenommen, die Erythrozyten hinsichtlich ihrer Fettsäurezusammensetzung analysiert, und die Ergebnisse mit passenden Kontrollen verglichen (Siscovick et al, 1995). Die Wahrscheinlichkeit für den plötzlichen Herztod stieg mit sinkenden Werten für EPA+DHA in Erythrozyten, wobei ein zehnfacher Unterschied zwischen der höchsten und der tiefsten Quartile beobachtet wurde (Siscovick et al, 1995). Ähnliche Befunde wurden aus Vollblut in der Physician’s Health Study erhoben (Albert et al, 2002). Interessanterweise bestand kaum ein Zusammenhang zwischen Verzehr von Omega-3 Fettsäuren und dem plötzlichen Herztod (Siscovick et al, 1995), was den neutralen Befund der einzigen Interventionsstudie zur Verhinderung des plötzlichen Herztodes mit Omega-3 Fettsäuren relativiert (Rauch et al, 2010). Ein niedriger HS-Omega-3 Index® erhöhte das Risiko für Kammerflimmern während der akuten Ischämie beim Myokardinfarkt (Aarsetøy et al, 2008), und ein niedriger HS-Omega-3 Index® war mit dem plötzlichen Herztod assoziiert (Aarsetøy et al, 2011). Interessanterweise war ein um 1% höherer HS-Omega-3 Index® mit einem 58% niedrigeren Risiko (95% CI: 0.25–0.76%) für Kammerflimmern während akutem Myokardinfarkt verbunden (Aarsetøy, 2011). In GISSI-Prevenzione, einer Endpunktstudie für die 11324 Pat kurz nach erstem Myokardinfarkt rekrutiert wurden, wurde das Auftreten des plötzlichen Herztodes durch EPA und DHA rasch und signifikant vermindert (Marchioli et al, 2002). Trotzdem werden in den aktuellen Leitlinien der europäischen Kardiologen Omega-3 Fettsäuren derzeit nicht als therapeutische Möglichkeit für Patienten mit ventrikulären Rhythmusstörungen bei koronarer Herzerkrankung vorgeschlagen (Priori et al, 2015). Obwohl in Zusammenarbeit mit verschiedenen Registern gegenwärtig noch weitere Daten erhoben werden, sprechen die bisherigen Ergebnisse sehr dafür, dass das Risiko für Kammerflimmern und dem plötzlichen Herztod stark von der Höhe des HS-Omega-3 Index® abhängt und eine HS-Omega-3 Index® basierte Versorgung mit Omega-3 Fettsäuren eine Option zur Prävention des plötzlichen Herztodes darstellt.

Vorhofflimmern

Epidemiologie, Wirkmechanismen und erste klinische Studien sprechen dafür, dass Omega-3 Fettsäuren Vorhofflimmern vorbeugen (von Schacky, 2012). Im Vergleich zu hohen Spiegeln sind niedrige Spiegel von EPA+DHA in Plasmaphospholipiden mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit ein Vorhofflimmern zu entwickeln vergesellschaftet (Wu et al, 2012). Meta-Analysen zeigten, dass EPA und DHA der Entwicklung von Vorhofflimmern wohl nicht vorbeugen können (Jiang et al, 2017). Im Gegensatz dazu können EPA und DHA laut Meta-Analysen von Interventionsstudien dem Auftreten von post-operativem Vorhofflimmern vorbeugen (Wang et al, 2018).

Herzinsuffizienz

Im Vergleich zu hohen Spiegeln sind niedrige Spiegel von Omega-3 Fettsäuren in Plasmaphospholipiden mit einer etwa 50% erhöhten Wahrscheinlichkeit, eine Herzinsuffizienz zu entwickeln assoziiert (HR 0.52; 95%CI 0.38 - 0.72]; p für Trend <0.001) (Mozaffarian et al, 2011). Nach eigenen Daten liegt der HS-Omega-3 Index® bei Patienten mit Herzinsuffizienz im Mittel <4% (Berliner et al, 2018). In einer großen randomisierten Interventionsstudie mit Omega-3 Fettsäuren senkte die Gabe 1 g EPA plus DHA / Tag Gesamtmortalität und Krankenhausaufnahmen bei Patienten mit Herzinsuffizienz (GISSI-HF, 2008). Zwar stieg der HS-Omega-3 Index® durch die Intervention nach drei Monaten nur im Mittel auf 6,73+1,93% (p<0.0001), was bedeutet, dass im Mittel in der Verumgruppe ein HS-Omega-3 Index® im Zielbereich nicht erreicht wurde (Harris et al, 2016). EPA und DHA werden in den aktuellen Leitlinien zur Herzinsuffizienztherapie empfohlen, und zwar mit einer Evidenzklasse B und einer Empfehlungsklasse IIa oder b, allerdings ohne empfohlene Dosis (Ponikowski et al, 2016, Siscovick et al, 2017, Rimm et al, 2018). Eine HS-Omega-3 Index gesteuerte Interventionsstudie bei Herzinsuffizienten fehlt. Trotzdem schlagen wir vor, Omega-3 Fettsäuren bei Herzinsuffizienz so zu dosieren, dass ein HS-Omega-3 Index® von 8 – 11 % erreicht wird.

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